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Die Sammlung des Bergischen Geschichtsvereins wird seit September 2019 auf die Plattform Museum Digital übertragen. 

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Sammlung

Historische Stationen des Kulturgutes des Bergischen Geschichtsvereins am Beispiel Wuppertal

Dr. Folke Obermark-Stiller und Maximilian Berkel M.A.

Im Jubiläumsjahr 1988 betont der langjährige Vorsitzende des Hauptvereins Professor Köllmann, dass die vornehmlichen Ziele des inzwischen 125 Jahre alten Vereins Forschung und Lehre seien – ganz im Sinne der ersten Satzung, in der es hieß: die „politische und Kirchengeschichte der in §1 aufgeführten Lande (= der ehemaligen Herzogtümer Jülich, Cleve und Berg)“ zu erforschen[i]. Als entsprechendes Vehikel zur Publikation dieser Ergebnisse entstand bereits im Gründungsjahr 1863 die Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins (ZBGV), weitere Publikationsreihen folgten über die Jahre.[ii] Als dritte Aufgabe nennt Köllmann das Bewahren, gemeint in einem eher denkmalpflegerischen Auftrag, der seit den 1980er Jahren einen besonderen Raum in der Arbeit der Abteilungen einnimmt: „Wir haben die Erinnerung an Vergangenes ebenso wie die Kulturzeugen der Vergangenheit, seien es Häuser, Grabsteine, sei es auch die Mundart […] zu bewahren […]. Mit jedem altem Haus, das stirbt, stirbt ein Stück unserer Vergangenheit […].“[iii] Auch damit stand man in der Tradition der ersten Jahrzehnte des Vereins, denn 1887 förderte der BGV maßgeblich die Gründung des „Vereins für die Erhaltung der Schloßruine in Burg an der Wupper“, der letztendlich zum Wiederaufbau von Schloss Burg mit dem Landesmuseum des Bergischen Landes führte.[iv]

Doch wo liegt der Ursprung der Sammlungen des Vereins?

Im Jahr 1881 rief der damalige Vorsitzende des Vereins, Wilhelm Crecelius, dazu auf, die wirtschaftsgeschichtliche Forschung des Bergischen Landes zu einem weiteren Schwerpunkt der Vereinsarbeit zu machen: „Da für die hiesige Gegend die Entwicklung der Industrie und Gewerbe von besonderem Interesse ist, so erbitten wir möglichst ausgiebige Unterstützung gerade in der Erforschung dieses Gebietes.“[v] Dieser Aufruf stieß auf reges Interesse unter den Vereinsmitgliedern. Sie ließen in kürzester Zeit dem Verein nicht nur wie bisher Schriftgut zukommen, sondern schenkten Münzen, Siegeln, Karten, Pläne, Zeichnungen, Möbel des Bergischen Landes, Fahnen, traditionelle Werkzeuge sowie Gegenstände des Alltagslebens.

Die Barmer Abteilung, damals noch Ortsgruppe Barmen hatte bereits früh eine eigene Sammlung angelegt und diese im Rathaus untergebracht. Da die Stadtverwaltung nach und nach mehr Räume für ihre eigene Arbeit benötigte, sah sich der Schriftführer der Abteilung Barmen Adolph Werth aus Platzmangel gezwungen, Teile der Sammlung an den Hauptverein abzutreten: „Der Raummangel nötigte uns, manches an den Hauptverein abzugeben, was wir lieber für Barmen behalten hätten, z.B. die Sammlung Cleff.“[vi] Doch bereits im Jahr 1885 hatte der Barmer Kommerzienrat Albert Molenius dem Barmer Kunstverein die Summe von 30.000 Mark für den Bau einer Kunsthalle gestiftet – geknüpft an die Bedingung, dass auch der Bergische Geschichtsverein zukünftig in diesem Gebäude Räume für seine Sitzungen und Sammlungen erhalte. Später bedachte er auch die Abteilung Barmen nochmals mit einer kleineren Spende. Im Jahr 1897 wurde der Grundstein gelegt, 1899 war die Ruhmeshalle fertig und die Sammlungen der Barmer Abteilung konnten mit einziehen.[vii]

Neue Räume für die Sammlung

Otto Schell (1858 in Elberfeld geboren, 1931 in Wuppertal gestorben) war hauptberuflich Lehrer und als engagierter Heimatforscher sehr aktiv im Bergischen Geschichtsverein. Den meisten ist er durch seine zahlreichen Veröffentlichungen sowie umfangreichen Berichte in der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins bekannt. Verantwortlich für die Betreuung der Sammlungen und die eingehenden Sammlungsobjekte fertigte er von 1889-1914 eine Dokumentation mit Neuzugängen, Beständen und Orten der Sammlung an. Dabei baute er eine Systematik auf und erläuterte zum Teil auch die Motive, die hinter der Sammlung standen.

Im Mai des Jahres 1888 erhielt die Stadt Elberfeld eine Zuwendung in Höhe von 10.000 Mark zweckgebunden für ein Museumsgebäude, das die Sammlungen des Bergischen Geschichtsvereins und des naturwissenschaftlichen Vereins aufnehmen sollte.

Von April 1886 bis zum Herbst 1901 konnten die Sammlungen von den Mitgliedern in angemieteten Räumen in der Auerschulstraße 8 besichtigt werden, wo die reichen Schätze, durch Schenkungen und Ankauf ständig vermehrt, ausgestellt werden konnten.

Am 1. Oktober 1901 machte die Stadt Elberfeld ihr Versprechen wahr und Otto Schell und seine Helfer konnten mit der Einrichtung der Ausstellungen ihrer Sammlungen im Obergeschoss des städtischen Hauses am Neumarkt 26 beginnen, welches zudem die Stadtbücherei sowie die Sammlung des naturwissenschaftlichen Vereins aufnehmen sollte. Am 14. Juni 1902 wurde endlich die feierliche Eröffnung der Ausstellungen des BGV in Gegenwart des Düsseldorfer Regierungspräsidenten von Holleuser und der Spitzen der städtischen Behörden gefeiert. Im ersten Jahr verzeichnete der BGV knapp 6000 interessierte Besucher. Im Dezember 1923, nachdem die Bibliotheksbestände bereits 1917 vertraglich geregelt als Depositum der Stadtbibliothek übergeben worden waren, übernahm das Städtische Museum Elberfeld (heute: Von der Heydt-Museum) die Elberfelder Vereinssammlungen. Die Heimatabteilung des Städtischen Museums wurde mit diesen zu einem kleinen Heimatmuseum vereinigt, das sich über acht Räume erstreckte: „Durch eine eingebaute bergische Rokoko-Haustür, die dieses Museum von dem Kunstmuseum trennt, betritt man eine bergische Bauerndiele etwa aus der Zeit von 1750-1780 […] Im Gegensatz zu der nur auf den täglichen praktischen Gebrauch eingerichteten Diele ist ein bürgerliches Rokoko-Zimmer mit Bilderschmuck (Portraits) und Gobelins wohnlich und sogar ein wenig elegant eingerichtet. Es folgt ein Vitrinenraum, ein Biedermeierzimmer, ein Louis XVI.-Schlafzimmer[….]“ [viii]

Im Jahr 1928 verkaufte die Stadt Elberfeld das Haus am Neumarkt 26, so dass mit der Stadtbibliothek auch die Bibliothek des Bergischen Geschichtsvereins in ihr neues Gebäude an der Kasinostraße (heute: Kolpingstraße 8) zog. Von nun an wurden für die stetig weiter wachsenden Sammlungen Lagerungs- beziehungsweise Ausleihmöglichkeiten gesucht, so etwa in die Schule Distelbeck und in der Oberstraße. 1938 bat das Naturwissenschaftliche Museum im Zusammenhang mit der Erweiterung seiner Ausstellungsflächen im neuen Gebäude an der Höhne 74 / 76 (ehemals Lyzeum Barmen) um Leihgaben, sogenannte vorgeschichtliche Altertümer aus den Beständen des BGV. Die Anfrage richtete sich an den Direktor des Städtischen Museums Elberfeld Dr. Dirksen, da die Altertümer des BGV dort gelagert wurden.

Auf Barmer Seite wurde am 8. April 1935 das Barmer Heimatmuseum im sogenannten „Bredt-Rübelschen-Haus“ eröffnet.

Nachkriegszeit und neue Standorte

In Folge des Zweiten Weltkrieges sind zahlreiche Verluste durch Zerstörungen und Plünderungen zu verzeichnen. Bei den Angriffen auf Barmen im Jahr 1943 wurde das Gebäude des Naturwissenschaftlichen Vereins Wuppertal an der Höhne und mit ihm alle darin ausgestellten Objekte zerstört, ebenso das Barmer Heimatmuseum.

Die zum Schutz nach Köln ausgelagerten wertvollen Bestände der Stadtbibliothek und des BGV wurden durch einen durch Plünderungen verursachten Brand nach Kriegsende vernichtet. Die im Städtischen Museum gelagerten Exponate wurden an verschiedene Stellen ausgelagert, dort jedoch zum Teil Opfer von Plünderungen nach dem Krieg. Der Kuppelbau und die Sammlungen der Barmer Ruhmeshalle wurden 1943 nahezu vollständig zerstört.

In den 1950er Jahren wurde der Wunsch nach einem Heimatmuseum lauter. Auf städtischer Seite eruierte man die Möglichkeit, das Engelshaus zu diesem Zweck käuflich zu erwerben. Nach einigen Treffen zwischen Vorstandsmitgliedern und dem Kulturausschuss der Stadt legten Mitglieder des BGV bereits Konzepte für die Ausstellungsgestaltung vor. Erstmals kam damals die Idee einer Bürgerstiftung für ein „Heimatmuseum“ auf, das gleichfalls ein Zentrum bergischer Forschung werden sollte.

Mitte bis Ende der 1960er Jahre wurden Teile des Kulturguts des BGV, welche im nun benannten Von der Heydt-Museums eingelagert waren, an das Naturwissenschaftliche und Stadthistorischen Museums, dem späteren Fuhlrott-Museum, als Leihgaben übergeben. Weitere Anfragen auf Leihgaben etwa vom Bergischen Landesmuseum auf Schloss Burg oder anderer Abteilungen des Bergischen Geschichtsvereins wurden an den Gesamtvorstand herangetragen.

Erster hauptamtlicher Direktor des Museums wurde 1966 Dr. Hans Sundermann. Von 1965 bis 1967 betreute Dr. Klaus Goebel ehrenamtlich die Stadthistorische Abteilung im Naturwissenschaftlichen und Stadthistorischen Museums, jene war mit Ausstellungsobjekten des BGV ausgestattet.

1970 wird das Engels-Haus, 1983 das Museum für Frühindustrialisierung unter der Leitung von Dr. Michael Knieriem eröffnet, beide bilden zusammen das Historische Zentrum. Knieriemen war zuvor Leiter der Stadthistorischen Abteilung, im 1973 umbenannten Fuhlrott-Museum, gewesen. Im Historischen Zentrum sind zahlreiche Leihgaben des BGV ausgestellt. Unter anderem wird ein Großteil der Sammlung, auch aus dem geschlossenen Fuhlrott-Museum als Depositum eingelagert.

Die Zukunft der Sammlung

Leider ist die Dokumentation der Sammlungsgeschichte und der einzelnen Exponate nicht leicht nachvollziehbar. Es gibt große Lücken, nicht identifizierbare und damit wenig aussagekräftige Listen oder bruchstückhafte Angaben in alten Vereinsunterlagen. Wichtige Dokumente, auf die sich etwa alte Vorstandsprotokolle beziehen, müssen zum Teil noch gefunden werden.

Es gab historisch immer wieder Impulse von außerhalb des Vereins die Sammlung systematisch aufzuarbeiten und in ein Bestandsverzeichnis zu überführen. In Teilen ist dies auch gelungen, auch wenn zwischen der ersten, umfassenden Aufarbeitung – zu Zeiten Otto Schells in den 1890er Jahren – und der letzten im Jahre 1973 durch den Vorstand des Gesamtvereins Jahrzehnte liegen. Während man von Seiten des Bergischen Geschichtsvereins zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Sammlungen große Bedeutung beimaß und sie entsprechend betreuen ließ, schwindet das Interesse nach dem Zweiten Weltkrieg und findet sich schließlich in dem Ruf nach einem angemessenen Heimatmuseum. Dabei vertraut man auf die Stadt Wuppertal. Das Publizieren und der Schriftentausch, später der Denkmalschutz rücken in das Zentrum des Wirkens des Vereins. Erst durch Anfragen von potenziellen Leihnehmern erinnert man sich der eigenen Bestände und diskutiert kurzfristig den Umgang mit Leihgaben. Noch in den 1990er Jahren wird über eine gesamtheitliche Erfassung der Vermögensbestände des BGV durch sogenannte ABM-Maßnahmen nachgedacht. Doch dann ruht das Thema erneut.

2017 entschied man sich dazu, das Projekt „Sicherung des Kulturgutes des Bergischen Geschichtsvereins“ aufzunehmen. Die als solche deklarierte „Soko Kulturgut“ bestehend aus Dr. Folke Obermark-Stiller und Maximilian Berkel begann ihre Arbeit unter der Leitung von Thomas G. Halbach auf und nimmt sich seit April des Jahres dieser historischen Aufgabe an. Es konnten bereits einige Teilergebnisse erzielt und Sammlungsobjekte oder Gruppen „geborgen“ werden.

Aktuell nehmen nach wie vor die Recherche und das Nachvollziehen der historischen Gegebenheiten einen Großteil der Arbeit ein. Am Ende des Projektes steht ein Bestandskatalog, der allen Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden und Interessierten die weitere und tiefere Bearbeitung der Sammlung ermöglichen soll. Das Kulturgut bestehend aus der Bibliothek von ungefähr 25.000 Bänden, Archivgut des BGV aber auch bedeutenden Nachlässen und dem Sammlungsgut soll in eine Stiftung überführt werden, um den dauerhaften Schutz zu gewähren und die Sammlung des BGV auf neue Füße zu stellen. Die Inventarisierung der Sammlung ist aus konservatorischen und musealen Sicht von höchstem Stellenwert, damit nicht nur der Erhalt, sondern auch die restauratorischen Aufgaben ermittelt werden können. Ein weiterer Wunsch ist, dass nicht nur das bisher Vorhandene erhalten, sondern auch, dass die Sammlung um neue für die Regionalgeschichte wichtige Exponate erweitert werden soll.

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[i] Satzung, vgl. Festschrift zum fünfzigjährigen Jubiläum des Bergischen Geschichtsvereins. Elberfeld 1913, S. V.
[ii] Zu den weiteren Publikationen des Vereins sowie seiner Vereinsgeschichte vgl. Eckhardt, Uwe: Chronik des Bergischen Geschichtsvereins 1863-1988, in: 125 Jahre Bergischer Geschichtsverein 1863-1988. Festschrift anläßlich des Vereinsjubiläums, in: RB 38 (1988), Heft 2/3, S. 9-20.
[iii] Köllmann, Wolfang: Welche Ziele verfolgt der Bergische Geschichtsverein?, in: 125 Jahre Bergischer Geschichtsverein 1863-1988. Festschrift anläßlich des Vereinsjubiläums, in: RB 38 (1988), Heft 2/3, S. 7-9, hier S. 7.
[iv] Vgl. dazu auch Köllmann, Wolfang: 125 Jahre Bergischer Geschichtsverein. in: 125 Jahre Bergischer Geschichtsverein 1863-1988. Festschrift anläßlich des Vereinsjubiläums, in: RB 38 (1988), Heft 2/3, S. 1-6, hier S. 1.
[v] Festschrift zum 25jährigen Jubiläum des BGV. 1888, S. 22.
[vi] Festschrift zum fünfzigjährigen Jubiläum des Bergischen Geschichtsvereins. Elberfeld 1913, S. 35.
[vii] Vgl. Baum, Marie-Luise: Hundert Jahre Bergischer Geschichtsverein 1863-1963. Eine Chronik, in: ZBGV 80 (1963), S. 1-31, hier S.2
[viii] Fries, Friedrich, Kunst und Kunstgewerbe, in: Elberfeld, hrsg.v. Stadtbaurat Koch, Berlin-Hallensee, Dari-Verlag 1925 (=Deutschlands Städtebau), S. 109.